Die Barrikaden des Mai

Nach der von Studenten- und Arbeiterschaft sowie dem liberalen Bürgertum gemeinsam getragenen, ebenso spontanen wie blutigen Wiener Märzrevolte findet die Revolution des Jahres 1848 schnell ihre soziale und – mit den Erhebungen Ungarns und Italiens – ihre nationale Differenzierung. Die vom Minister des Inneren, Franz Freiherr von Pillersdorf, Ende April proklamierte „ständische“ Verfassung sah ein an einen Steuerzensus geknüpftes Kurien-Wahlrecht vor, dem gewählten Abgeordnetenhaus sollte ein ernanntes Herrenhaus gegenüberstehen, dem Monarchen wurde ein absolutes Vetorecht zuerkannt, die Bauernfrage blieb unerwähnt. Das „Verfassungsoktroi“ provoziert im Mai den erneuten Aufstand der Demokraten, der zunächst in den „Sturmversammlungen“ des 14. und 15. Mai und in einem Marsch der von vorstädtischen Nationalgarden unterstützten Akademischen Legion auf die Hofburg Ausdruck findet. Wien erlebt eine niemals zuvor gesehene Mobilisierung der demokratischen Kräfte, unzählige Barrikaden werden an allen neuralgischen Stellen der Innenstadt errichtet.  Die „jakobinische“ Auflehnung der Maitage zieht die Flucht des kaiserlichen Hofes nach sich und führt zu einer markanten Machtverschiebung zugunsten der radikalen Demokratie: Die eigentliche politische Macht geht auf einen von den Nationalgarden kontrollierten revolutionären „Sicherheitsausschuss“ über.
 


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