Die vergessene Revolution

Die große, die bürgerliche Revolution hat die Habsburgermonarchie in den Jahren 1848/49  an den Rand des Zerfalls gebracht und in einen blutigen Bürgerkrieg gestürzt. Beinahe zeitgleich war die Revolution in Frankreich, Italien, den Deutschen Staaten und eben dem Habsburgerreich ausgebrochen, spontan und in allgemeiner Erhebung. Sie zeitigte profunde Wirkung in Ungarn wie in Spanien, in Dänemark wie in Rumänien, ihr Nachhall war in Griechenland ebenso spürbar wie in Irland. Von Frankreich bis an die Grenzen des zaristischen Russland, von Berlin über Wien bis Palermo wurden überall dieselben Forderungen erhoben: Verfassung und Parlamentarismus, bürgerliche Freiheitsrechte, Aufhebung der bäuerlichen Untertänigkeit, nationale Selbstbestimmung, Demokratie und soziale Sicherheit. Das Jahr 1848 brachte das endgültige Ende des alten europäischen Feudalsystems und das Bürgertum an die Macht. Die ersten Ansätze sozialer Gesetzgebung und lange überfällige Strafrechtsreformen sind ebenso direktes Erbe dieses Jahres wie Rede-, Versammlungs- und Medienfreiheit, Republik, Demokratie und Verfassungsstaat. Und doch haben sich in dem „Völkerfrühling“ der Revolution bereits auch die ersten Momente eines fatalen Nationalismus gezeigt, der Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts so grauenvoll verwüsten sollte.
 


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